Tagebuchschreiben bei Liebeskummer: Bild von offenem Tagebuch auf Picknick-Decke

Tagebuchschreiben bei Liebeskummer: Ein Leitfaden für alle, die dazu bisher noch keinen Zugang hatten.

Picknick Setting mit offenem Tagebuch

Liebeskummer kann überwältigend sein. Die Gefühle von Verlust, Abweisung und Einsamkeit sind oft so intensiv, dass es schwerfällt, sie zu bewältigen. Sie können zu Depressionen, Angstzuständen und Stress führen. Nicht verwunderlich also, dass Liebeskummer auch körperliche Auswirkungen hat (mehr dazu hier). Somit beeinflusst er unsere Denkprozesse, beeinträchtigt unsere Leistung im Alltag und belastet unsere sozialen und familiären Beziehungen.

Wichtig: Bevor ich auf die therapeutische Wirkung des Tagebuchschreibens eingehe und diesen Leitfaden mit dir teile, liegt es mir am Herzen, zu sagen, dass auch dies kein magischer Zaubertrick ist. Und das ist auch ok so. Bei allem Leid, den er mit sich bringt, ist Liebeskummer eine natürliche Reaktion auf den Verlust einer Beziehung bzw. jegliche Form der romantischen Abweisung. Er gehört zum Menschsein dazu. Und jemand, der ihn trotz der Umstände überhaupt nicht verspüren kann, hat oftmals gar keinen Zugang mehr zu seiner Gefühlswelt. Erlaube dir also unbedingt, traurig zu sein und den Schmerz zu spüren, anstatt ihn zu unterdrücken oder zu hoffen, irgendetwas da draußen könnte dich von einem Moment auf den anderen davon befreien. Indem du deine Gefühle akzeptierst - ja, sogar wertschätzt -, ergründest und dir selbst erlaubst, zu trauern, kannst du den Heilungsprozess unterstützen und gestärkt daraus hervorgehen.

Die heilende Wirkung des Tagebuchschreibens

Die Praxis des Tagebuchschreibens funktioniert auf mehreren Ebenen, die miteinander interagieren und sich gegenseitig verstärken. Sie bietet einen urteilsfreien Kanal für deine innersten Emotionen und Gedanken. Sie gibt dir Raum für Reflexion, durch die du tiefe Erkenntnisse gewinnen und persönliches Wachstum erleben kannst. Sie ist eine selbstbestimmte Handlung, die dein Gefühl der Selbstwirksamkeit nährt und dich daran erinnert, dass du trotz externer Herausforderungen und Veränderungen immer die Macht hast, dein inneres Erleben zu gestalten.

1. Ausdruck unseres Innerstes zur Erleichterung und Befreiung unterdrückter Gedanken und Gefühle

Dein Tagebuch ist dein sicherer Raum, in dem du deinen Kummer, deine Wut und deiner Trauer freien Lauf lassen kannst. Der Prozess des Schreibens ermöglicht dir, deine Gedanken und Gefühle ohne Urteil oder Zensur auszudrücken. Es ist, als ob du in ihm eine:n Freund:in hast, de:r du alles anvertrauen kannst, ohne Angst vor Verurteilung.

runder spiegel in hohem gras liegend

Gleichermaßen gibt es dir, zumindest in seiner klassischen Form (mehr dazu unten), keine weitere Meinung, keine Ratschläge, keine Tipps aus dem Außen. Du übst dich im Ergründen deiner Tiefen.

2. Reflexion für Erkenntnis und Wachstum

Das Aufschreiben von Gedanken und Gefühlen kann helfen, deine Emotionen besser zu erkennen, zu benennen und auszudrücken. Es hilft dir also dabei, deinen Trennungsschmerz besser zu verstehen und einzuordnen. Du erkennst Muster und siehst klarer, was in deinem Inneren vor sich geht. Indem du dich aktiv mit deinem Liebeskummer auseinandersetzt, lernst du, dich selbst besser zu verstehen und deine Bedürfnisse sowie Wünsche zu reflektieren. Durch das Spiel mit Worten und Gedanken können neue Perspektiven entdeckt und Probleme aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden. Durch das Festhalten von Momenten, Gedanken und Gefühlen, kannst du deinen Fortschritt und die kleinen Erfolge bei der Trennungsverarbeitung beobachten. Du kannst dir also förmlich selbst dabei zuschauen, wie du an der Trennung wächst und dich weiterentwickelst.

3. Eine selbstbestimmte Handlung, die dein Gefühl der Selbstwirksamkeit erhöht

Tagebuchschreiben ist nicht nur eine Reflexionsmethode, sondern auch eine zutiefst selbstbestimmte Handlung. Jedes Mal, wenn du den Stift aufs Papier setzt, triffst du die Entscheidung, deinen Gefühlen und Gedanken Raum zu geben. Du bestimmst den Rhythmus, den Inhalt und die Tiefe deiner Einträge. Diese Eigeninitiative und Kontrolle über deinen persönlichen Erzählraum stärkt dein Gefühl der Selbstwirksamkeit – das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, gewünschte Ergebnisse in deinem Leben zu erzielen. In Zeiten des Herzschmerzes, wenn die Welt aus den Fugen zu geraten scheint, bietet das Tagebuchschreiben eine konstante Plattform, auf der du die Regie führst. Es erinnert dich daran, dass du dich von äußeren Umständen distanzieren und deine Reaktionen steuern kannst. Mit der Zeit kann dieser bewusste Akt des Schreibens dazu beitragen, dass du dich ermächtigt fühlst, proaktiv an deiner emotionalen Heilung zu arbeiten und dein Leben wieder in die eigene Hand zu nehmen. Du fängst an, nicht mehr nach Antworten im Außen zu suchen sondern findest sie in dir selbst.

Bewehrte Techniken, um warmzuwerden

Freies Schreiben: Leg alles weg, was dich ablenken könnte und stelle dir einen Timer (z.B. 30 Minuten). Lass deinen Gedanken freien Lauf. Schreibe ohne Unterbrechung und Filter. Fallen dir nur einzelne Wörter ein? Total in Ordnung. Die leere Seite ist die Leinwand, dein Stift der Pinsel. Wenn ein realistisches Gemälde einem strukturierten Fließtext entspricht, darf dein Tagebucheintrag ein abstraktes Bild sein.

Der Brief: Ein besonders therapeutischer Ansatz des Tagebuchschreibens ist das Verfassen eines Briefes an deinen:e Ex-Partner:in, den du nie vorhast abzuschicken. Dieses Format erlaubt es dir, all die aufgestauten Gefühle, ungesagten Worte und nicht abgeschlossenen Gedanken aufs Papier zu bringen. Natürlich auch gerade hilfreich, um das Kontaktverbot durchzuhalten. Sei es Wut, Sehnsucht, Enttäuschung oder Dankbarkeit – jeder Gedanke hat hier seinen Platz. Ohne die Angst vor Urteilen, Missverständnissen oder weiteren Verletzungen, kannst du dich vollkommen ehrlich und offen ausdrücken. Oftmals entdeckt man beim Schreiben auch eigene Empfindungen und Perspektiven, die vorher nicht bewusst waren. Durch diese tiefgehende Selbstreflexion kann das Schreiben des Briefes zu einem wichtigen Schritt beim Verarbeiten des Trennungsschmerzes werden und dir helfen, mit einem klaren Kopf und Herz den Weg zum Neubeginn nach der Trennung zu gehen.

Visualisierung: Nicht immer finden Worte den Weg aufs Papier, vor allem wenn der Schmerz oder die Verwirrung so intensiv sind, dass Worte allein nicht ausreichen. Hier bietet die Visualisierung eine kraftvolle Alternative. Das Zeichnen von Bildern oder Skizzen kann eine unmittelbare und eindrucksvolle Möglichkeit sein, den eigenen Emotionen Ausdruck zu verleihen. Manchmal kann ein einfacher Strich, eine Farbe oder eine Form Gefühle und Gedanken repräsentieren, für die du (noch) keinen passenden Worte findest. Ob abstrakt oder detailliert, realistisch oder fantasievoll – die Kunst erlaubt es dir, deinen Emotionen freien Lauf zu lassen und dabei ohne Wertung oder Erwartung zu arbeiten. Es geht nicht darum, ein Meisterwerk zu schaffen, sondern darum, dir selbst einen Raum zu geben, in dem du dich ausdrücken kannst. Zusätzlich kann die körperliche Handlung des Malens – das Führen des Stifts oder Pinsels über das Papier – eine meditative und beruhigende Wirkung haben. Sie kann dazu beitragen, den Geist zu fokussieren und sich von überwältigenden Emotionen oder kreisenden Gedanken zu lösen.

2 Arten von Tagebüchern

Je nach deiner persönlichen Erfahrung und deinem Bedarf an Struktur und Unterstützung, eignet sich eines der beiden folgenden Formate wahrscheinlich besser für dich.

Das klassische, leere Tagebuch

offenes Tagebuch von der Seite, Frauenhand die ansätzt, um reinzuschreiben

Dieses Format präsentiert sich in seiner reinsten Form: eine offene, leere Seite, bereit, deine intimsten Gedanken und Empfindungen urteilsfrei zu empfangen. Bei diesem Ansatz sind keine Vorgaben, Regeln oder Richtlinien vorgegeben. Es handelt sich um einen unverfälschten Raum, in welchem du jegliche Gedanken, die dir in den Sinn kommen, unmittelbar und ehrlich festhalten kannst. Das leere Tagebuch bietet somit die ideale Plattform, um Emotionen freien Lauf zu lassen, sich von belastenden Gefühlen zu befreien und die eigene innere Landschaft zu navigieren. Es kann als ein Ventil dienen, um dich von all dem Herz- und Trennungsschmerz zu befreien, der dich sonst in Beschlag nimmt.

Allerdings kann es insbesondere für Tagebuch-Neulinge, eine Herausforderung sein, vor einer leeren Seite zu sitzen. Das Fehlen von Strukturen und Anweisungen kann anfangs überwältigend sein. Es kann überfordern, darüber nachzudenken, wo und wie man beginnen soll, und das Gefühl, den eigenen Gedankenfluss strukturieren zu müssen, kann zusätzlichen Druck erzeugen. Mit etwas Übung lohnt es sich jedoch, diesem Format eine Chance zu geben, da man deutlich freier ist und selbst bestimmen kann, wie viel Raum man welchen Themen geben möchte. Du kannst dich natürlich trotzdem der bewährten Techniken bedienen, die ich oben aufgeführt habe.

Das geführte Tagebuch

Trennungstagebuch offen Tag 14

In den letzten Jahren sind einige unterschiedliche Tagebuchformate erschienen, die gerade für Anfänger:innen hilfreich sein können, denn sie bieten eine strukturierte Herangehensweise, Tagebuch zu führen. Einige sind eher allgemein gehalten (z.B. das 6 Minuten Tagebuch) während andere auf ein konkretes Thema wie Karriere, Schwangerschaft oder, du wirst es schon vermuten, Liebeskummer spezialisiert sind. Sie beinhalten oftmals täglich die gleichen Fragen und geben dir somit einen Impuls, über gewisse Fragen nachzudenken und dich mit der Zeit für sie zu sensibilisieren. Hierdurch lenken sie deinen Blick auf bestimmte Aspekte deines Tages oder deines Innenlebens, mit dem Ziel, Tag für Tag etwas mehr Hoffnung, Freude und Dankbarkeit zu verspüren. Beispielhafte Fragen hierfür sind: "Wie habe ich mich heute gefühlt?" oder "Was hat mich heute zum Lächeln gebracht?". Im Fall des Trennungstagebuchs “Fall in Love with your Breakup”, ist das Tagebuch in drei Phasen unterteilt, die sich inhaltlich unterscheiden. Außerdem gibt es zu den täglichen Fragen auch Aufgaben sowie wöchentliche und phasenspezifische Reflexionsseiten, die dir dabei helfen, deine Entwicklung zu beobachten. Für manche ist das tägliche Beantworten der immer gleichen Fragen anfangs schwierig, vielleicht sogar frustrierend. Es mag zuerst monoton wirken, doch es fördert Tiefe und Reflexion. Denn die Wiederholung schafft Routine und ermöglicht, dass wir uns über Tage hinweg intensiver mit denselben Themen auseinandersetzen. Mit der Zeit gehen unsere Antworten über das Offensichtliche hinaus und tauchen in tiefere Ebenen unseres Bewusstseins ein. So wird eine einfache Frage zu einem Tor deiner Selbstentdeckung.

Praktische Leitlinien für deine Tagebuch-Routine

Regelmäßigkeit: Das Geheimnis des Tagebuchschreibens liegt in der Konstanz. Versuche, regelmäßig zu schreiben, selbst wenn es nur für wenige Minuten am Tag ist. Ein festes Ritual kann helfen: Suche dir einen ruhigen Ort und eine feste Tageszeit aus, die zu deinem Rhythmus passt. Vielleicht bevorzugst du den Morgen, um den bevorstehenden Tag zu planen und mit Klarheit zu starten, oder den Abend, um die Ereignisse des Tages zu reflektieren und loszulassen. Natürlich kannst du auch sowohl abends und morgens dir ein wenig Zeit dafür nehmen.

Ehrlichkeit: Das Tagebuch ist ein sicherer Raum nur für dich. Sei ehrlich zu dir selbst, denn hier kannst du alle Gefühle und Gedanken ausdrücken, ohne Angst vor Urteilen von außen. Bewahre dein Tagebuch an einem sicheren Ort auf, damit du nicht befürchten musst, dass jemand zufällig darauf stößt und es vielleicht doch liest.

Freiheit: Erinnere dich daran, dass beim Tagebuchschreiben keine festen Regeln gelten. Jeder Eintrag kann so individuell sein wie du selbst. Schreibe in einem Stil und Tempo, das dir entspricht und dir hilft, dich am besten auszudrücken.

Rückblick: Dein Tagebuch gibt dir die Möglichkeit, zurückzublicken. Nimm dir ab und zu die Zeit, ältere Einträge zu lesen. Es kann erstaunlich aufschlussreich sein, zu sehen, wie du dich entwickelt hast, welche Hürden du überwunden hast und wie sich deine Emotionen und Perspektiven im Laufe der Zeit verändert haben. Es ist eine Erinnerung daran, dass Veränderung und Wachstum ständig stattfinden.

Abschließende Worte

Liebeskummer ist nicht leicht. Doch ergründen wir ihn, können wir an ihm wachsen. Das Führen eines Tagebuchs ist ein Weg mit diesem Gefühlschaos zurechtzukommen, auch wenn du es bisher nie gemacht hast. Doch ganz egal, für welche Art der Verarbeitung du dich entscheidest, ich wünsche dir dabei ganz viel Kraft, Hoffnung und Geduld.

Alles Liebe
Liv

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